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Mehrwertsteuer und Verwaltungszusammenarbeit

Der Rat der Europäischen Union hat am 7. Oktober 2003 eine neue Verordnung über die Zusammenarbeit der Verwaltungsbehörden auf dem Gebiet der Mehrwertsteuer angenommen.

Ziel der Verordnung ist eine verbesserte Verwaltungszusammenarbeit zwischen den Mitgliedstaaten im MwSt-Bereich.

Hier finden Sie nähere Informationen zur neuen Verordnung:

  • Was bedeutet "Verwaltungszusammenarbeit", und weshalb ist sie wichtig?
  • Weshalb wurde eine neue Verordnung erlassen?
  • Welchen Inhalt hat die neue Verordnung?
    o Eindeutige, verbindliche Regelungen
    o Dezentralisierung der Zusammenarbeit zur Verbesserung der Effektivität
    o Intensivierung des Datenaustauschs zur Verbesserung der Betrugsbekämpfung
  • Was hat sich nicht geändert?
  • Besteuerung von Versicherungsprämien
  • Flankierende Maßnahmen
  • Wann treten die Verordnung und die einschlägige Richtlinie in Kraft?
  • Weitere Informationen


Was bedeutet "Verwaltungszusammenarbeit", und weshalb ist sie wichtig?

Unter "Verwaltungszusammenarbeit" versteht man den Informationsaustausch zwischen den einzelstaatlichen Steuer- und Zollverwaltungen der EU-Mitgliedstaaten. Eine enge Zusammenarbeit dieser Behörden ist für die Aufdeckung und Bekämpfung von Steuerbetrug unabdingbar.

Als Grundlage für dieses System der Verwaltungszusammenarbeit auf dem Gebiet der Mehrwertsteuer dienten bislang die Verordnung (EWG) Nr. 218/92 des Rates und die Richtlinie 77/799/EWG des Rates. Jetzt wurde jedoch in Form der neuen ????u?Verordnung (EG) Nr. 1798/2003 des Rates vom 7. Oktober 2003 ein einheitlicher Rechtsrahmen geschaffen, der die Bestimmungen der Verordnung Nr. 218/92 und der Richtlinie 77/799/EWG in Bezug auf die Mehrwertsteuer zusammenfasst.

Weshalb wurde eine neue Verordnung erlassen?

Mehrwertsteuerbetrug kostet die Mitgliedstaaten der Europäischen Union jedes Jahr Millionen von Euro. Darüber hinaus führt er zu einer Wettbewerbsverzerrung für ehrliche Wirtschaftsbeteiligte und untergräbt das Vertrauen in die europäischen Steuersysteme. Kurz gesagt, mit dem jetzigen System ist eine wirksame Bekämpfung dieses Problems nicht möglich.

Das derzeitige System der Verwaltungszusammenarbeit auf dem Gebiet der Mehrwertsteuer, das auf der Verordnung (EWG) Nr. 218/92 des Rates und der Richtlinie 77/799/EWG des Rates gründet, genügt nicht mehr den heutigen, aus der zunehmend engeren wirtschaftlichen Verflechtung im Binnenmarkt erwachsenden Anforderungen. Es ist zu allgemein, zu zentralisiert und nicht umfassend genug, um den derzeitigen Erfordernissen im Mehrwertsteuerbereich gerecht zu werden.

Welchen Inhalt hat die neue Verordnung?

Die neue Verordnung schafft einen einheitlichen Rechtsrahmen, der die Bestimmungen der Verordnung (EWG) Nr. 218/92 und der Richtlinie 77/799/EWG in Bezug auf die Mehrwertsteuer zusammenfasst. Die im Vergleich zum bisherigen Rechtsrahmen vorgenommenen Änderungen lassen sich in die folgenden drei Kategorien einteilen:

Eindeutige, verbindliche Regelungen

Die neue Verordnung legt die Rechte und Pflichten aller Beteiligten sowie Verfahren für die Verwaltungszusammenarbeit zwischen Mitgliedstaaten auf dem Gebiet der Mehrwertsteuer fest. Sie sieht eindeutige, verbindliche Regelungen vor, wie zum Beispiel:

  • Vereinfachung des Informationsaustauschs
    o genaue Vorgaben für Auskunftsersuc????u?hen und Auskünfte
    o Fristen für die Auskunftserteilung
    o Möglichkeiten zur Nutzung der erteilten Informationen
    o Verfahren für die Nichterteilung von Auskünften und Definition der Fälle, in denen dies möglich ist
    o Verfahren für den Informationsaustausch mit Nichtmitgliedstaaten
  • Vereinfachung von Ermittlungen wegen Vergehen im Mehrwertsteuerbereich
    o Ermittlungsersuchen an andere Mitgliedstaaten
    o Anwesenheit von Beamten des betreffenden Mitgliedstaats bei Kontrollen
    o grenzüberschreitende Zustellung der von der Steuerverwaltung eines anderen Mitgliedstaats getroffenen Entscheidungen
    o Verfahren für die Organisation multilateraler Prüfungen

Dezentralisierung der Zusammenarbeit zur Verbesserung der Effektivität

Die neue Verordnung sieht auch den direkten Kontakt zwischen Steuerprüfern verschiedener Mitgliedstaaten vor, um die Zusammenarbeit zu beschleunigen und effizienter zu gestalten, wobei den zentralen Verbindungsbüros nach wie vor eine Schlüsselrolle zukommt. Nur durch die direkte Kommunikation zwischen Steuerprüfern bzw. Betrugsbekämpfungsstellen kann ein schnellerer Informationsaustausch erreicht werden.

Intensivierung des Datenaustauschs zur Verbesserung der Betrugsbekämpfung

Die neuen Bestimmungen zielen auf eine Intensivierung des spontanen Informationsaustauschs zwischen Verwaltungen zur wirksameren Betrugsbekämpfung ab.

In der Verordnung sind zwei Arten des spontanen Informationsaustauschs vorgesehen:

  • strukturierter Austausch
  • automatischer Austausch

Die Regel ist der automatische Informationsaustausch; lediglich dort, wo die für die Informationsweiterleitung zuständige Behörde nicht in der Lage ist, die regelmäßig auszutauschenden Informationen zu erfas????u?sen, findet ein so genannter strukturierter Austausch statt. Sind beispielsweise Steuerpflichtige in einem Mitgliedstaat nicht zur Mitteilung bestimmter Informationen verpflichtet, kann der betreffende Mitgliedstaat diese nicht automatisch weiterleiten.

Gemäß der Verordnung sollte ein Informationsaustausch zwischen Mitgliedstaaten mindestens in folgenden Fällen stattfinden:

  • Besteuerung im Bestimmungsmitgliedstaat (z. B. bei Fernverkäufen)
  • Verdacht auf ein Vergehen gegen die Mehrwertsteuervorschriften des anderen Mitgliedstaats (z. B. bei erheblichen Abweichungen zwischen innergemeinschaftlichen Lieferungen und Erwerben)
  • Risiko eines Steuerausfalls (infolge Betrugs oder Hinterziehung) im anderen Mitgliedstaat (z. B. Karussellbetrug)

Über die Art der Information und die Vorgehensweise jedes Mitgliedstaats beim Austausch wird jedoch im Ausschussverfahren entschieden. Die Flexibilität des neuen Systems gründet auf diesem Verfahren, welches zum Beispiel eine Vereinbarung ermöglicht, dass zehn Mitgliedstaaten Informationen untereinander automatisch austauschen, während die übrigen Mitgliedstaaten den strukturierten Austausch wählen.

Was hat sich nicht geändert?

Folgende Punkte wurden ohne Änderungen in die neue Verordnung aufgenommen:

Informationsaustausch über innergemeinschaftliche Umsätze

Seit dem 1. Januar 1993 können sich Unternehmen über das EDV-gestützte MwSt-Informationsaustauschsystem (MIAS) die MwSt-Nummern ihrer Handelspartner innerhalb kürzester Zeit bestätigen lassen; darüber hinaus ermöglicht das System den MwSt-Verwaltungen die Überwachung und Kontrolle des innergemeinschaftlichen Warenstroms zur Feststellung von Unregelmäßigkeiten.

Informationsaustausch in Bezug auf den elektronisc????u?hen Handel

Zum 1. Juli 2003 wurden kraft Verordnung (EG) Nr. 792/2002 des Rates zusätzliche Maßnahmen eingeführt für

  • die mehrwertsteuerliche Registrierung von Erbringern elektronischer Dienstleistungen aus Drittstaaten
  • die Aufteilung der Mehrwertsteuereinnahmen auf jene Mitgliedstaaten, in denen die Leistungen tatsächlich in Anspruch genommen wurden

Weitere Informationen zur Mehrwertsteuer und zum elektronischen Handel finden Sie hier .

Besteuerung von Versicherungsprämien

Die Änderung der Richtlinie 77/799/EWG über die gegenseitige Amtshilfe zwischen den zuständigen Behörden der Mitgliedstaaten im Bereich der direkten Steuern ermöglicht den Mitgliedstaaten den Informationsaustausch zu bestimmten Steuern auf Versicherungsprämien. Steuerverwaltungen sind nunmehr in der Lage, Auskunftsersuchen zu Transaktionen von Versicherern, die in anderen Mitgliedstaaten ansässig sind, zu stellen und die in ihrem Hoheitsgebiet geschuldeten Steuern beizutreiben.
Flankierende Maßnahmen

Ein weiteres wichtiges Instrument zur Förderung der Verwaltungszusammenarbeit auf dem Gebiet der Mehrwertsteuer und der Amtshilfe auf dem Gebiet der Versicherungssteuern stellt das Programm FISCALIS 2007 dar.

Über FISCALIS 2007 werden unter anderem multilaterale Prüfungen und der Austausch von Steuerbeamten zwischen Mitgliedstaaten finanziert.

Wann treten Verordnung und Richtlinie in Kraft?

1. Januar 2004
Weitere Informationen

  • Wortlaut der Verordnung über die Zusammenarbeit der Verwaltungsbehörden auf dem Gebiet der Mehrwertsteuer
  • Wortlaut der Richtlinie über die gegenseitige Amtshilfe im Bereich der direkten und indirekten Steuern (auch Steuern auf Versicherungsprämien)
  • Pressemitteilung zur Verordnung????u? und zur Richtlinie über die Verwaltungszusammenarbeit auf dem Gebiet der Mehrwertsteuer
  • Vorschlag der Europäischen Kommission für eine Verordnung über die Zusammenarbeit der Verwaltungsbehörden auf dem Gebiet der Mehrwertsteuer
  • Pressemitteilung zum Vorschlag der Kommission für eine Verordnung über die Zusammenarbeit der Verwaltungsbehörden auf dem Gebiet der Mehrwertsteuer (IP/01/857)
  • MwSt-Betrug - häufige Fragen (MEMO/01/230)
  • SCADPlus (Zusammenfassungen des Gemeinschaftsrechts)